Haushaltsrede zum Haushalt 2022
Herr Ratsvorsitzender, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
in dieser Ratsperiode entscheiden wir heute zum ersten Mal über den Haushalt der Stadt Wolfsburg – Die wichtigste Entscheidung, die der Rat im Verlaufe eines Jahres zu treffen hat.
Die Verwaltung hat uns im Januar den HH-Entwurf 2022 vorgelegt. Die wichtigsten Kennzahlen im Ergebnis-HH: 488 Mio € an Einnahmen und 566 an Ausgaben. Damit hätten wir ein geplantes Jahresergebnis von minus 78,6 Mio €.
Die Beratung der Gremien hat zwischenzeitlich ergeben, dass der heute zu beschließende Ergebnis-HH nun Einnahmen von 507 Mio € und Ausgaben von 586 Mio € vorsieht und damit zu einem etwas erhöhten Fehlbedarf von 79,5 Mio € führt.
Hierbei ist in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass erst im gestrigen Verwaltungsausschuss die zusätzlich zu veranschlagenden Mittel für die Unterstützung der Ukraine-Flüchtlinge eingearbeitet werden konnten. Zunächst 15,5 Mio-€ sind auf der Ausgabenseite dazu gekommen, die Hälfte davon als Zuweisungen von Land bzw. Bund als Einnahmen. Parteiübergreifend besteht hier Konsens, dass diese Unterstützung durch die Stadt Wolfsburg unser Beitrag ist, die Folgen des schrecklichen Kriegs für die Betroffenen abzumildern.
Das Investitionsprogramm 2022 wurde im Rahmen der Beratungen leicht auf 71,1 Mio € angehoben. Auf dem Weg, durch geringere Ansätze ein realistisch umsetzbares und langfristig finanzierbares Investitionsvolumen einzuplanen, ist damit ein Großteil erreicht. Im Rahmen des Jahresabschlusses 2021 soll da-rüber hinaus nur in Ausnahmefällen eine Übertragung von Haushaltsresten erfolgen. Trotzdem werden weitere bis zu 42,7 Mio-€ zusätzliche Investitions-kredite notwendig, die den aktuellen Stand von 225 Mio-€ weiter in die Höhe schrauben. Die mittlerweile in Niedersachsen überdurchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung wird sich weiter erhöhen.
Meine Damen und Herren,
zu Beginn der Beratungen haben der Oberbürgermeister und der Kämmerer in ihren Haushaltsreden deutliche Worte gefunden.
Da war beim Oberbürgermeister von einer desolaten Finanz-Situation die Rede. Und er erklärte, gemeinsam mit dem Kämmerer schon ab sofort den Haushalt 2023 im Blick zu haben und weitere Einsparvorschläge zu entwickeln. Aus meiner Sicht genau der richtige Weg. Das Hauptvolumen der Konsolidierungs-arbeit muss in der Zeit bis zum Erstellen des HH-Entwurfs geleistet werden. Im nachfolgenden Beratungsprozess mit der Politik kann der Entwurf dann nur noch abgerundet werden.
Der Kämmerer machte anschließend in seiner Rede deutlich, wie es in den kommenden Jahren weiter zu gehen droht. Wir sprechen von weiteren defizitären Haushalten in den Jahren 2023 und danach. Das würde bedeuten: auch wenn sich die erwarte Normalisierung der Einnahmen ab 2024 einstellt, würde die Überschussrücklage bis 2025 aufbraucht sein. Dann spätestens würden wir nicht mehr in Wolfsburg allein entscheiden können, welche Ausgaben getätigt werden und welche nicht.
Meine Damen, meine Herren,
wir sind uns alle einig: weder Verwaltung noch Politik wollen diese Entwicklung. Und so werden wir uns schon bald zusammensetzen, um beispielsweise die jährliche Steigerung auf der Ausgabenseite zu analysieren. Seit Jahren kommen jedes Jahr rund 15 Mio-€ dazu. Hier muss unbedingt angesetzt und gegengesteuert werden.
Ein erstes Ergebnis dieses notwendigen gemeinsamen Gegensteuerns von Verwaltung und Politik ist bereits in diesem Haushalt gelungen. Bei den Personalkosten werden 1,5 Mio-€ der Aufwendungen gegenüber dem Entwurf gekürzt. Ein Teil der geplanten neuen Stellen werden anders, später oder gar nicht geschaffen. Die daraus resultierenden Herausforderungen werden von der Politik mitgetragen. So das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen. Für die kommenden Jahre könnte diese Art der Zusammenarbeit ein Vorbild sein.
Meine Damen, meine Herren,
zum HH-Entwurf wurden 13 Ortsratsanträge und 16 Anträge der Fraktionen bzw. Gruppen gestellt. Das sind im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich weniger Anträge. M.E. kommt damit die allgemeine Bereitschaft der Politik zum Sparen zum Ausdruck. Die Vorgehensweise der Fraktionen und Gruppen war dabei durchaus unterschiedlich. Aber dazu werden wir in den späteren Stellungnahmen sicher noch etwas zu hören bekommen.
10 der 16 Fraktionsanträge haben zu geänderten Mittelveranschlagungen geführt, wodurch im Ergebnis-HH 221 Tsd-€ hinzukommen. Angesichts der Tatsache, dass 6 der Anträge zwischen 5 und 27 Tsd-€ ausmachen sei die Frage erlaubt, ob bei künftigen Haushaltsplanberatungen zumindest in den großen Teilhaushalten mit hohen 2stelligen Mio-€-Budgets so etwas wie eine Geringfügigkeitsgrenze eingeführt werden soll. Wir bewegen uns hier nämlich im Bereich der Planungsungenauigkeit.
Zu den Ortsratsanträgen. Lassen wir bei den 13 Anträgen die wenigen, die mit Bordmitteln erledigt werden können, bei Seite, haben die Ortsräte mit ihren Initiativen keinen sofortigen Erfolg erzielen können. Hier steht der Vorschlag im Raum, die Sicht der Verwaltung für die nächsten Jahre dem Ortsrat darzulegen, damit er sich darauf einstellen kann. Da kann die Umsetzung in ein oder zwei Jahren das Ergebnis sein. Es kann aber auch der klare Hinweis sein, dass dieses Vorhaben gar nicht umgesetzt werden soll. Das Zusammenspiel von Verwaltung und Ortsräten wäre damit verbessert. Und die Fraktionen und Gruppen können ggf. politisch darauf reagieren.
Meine Damen, meine Herren,
Peter Kassel als mein Vorgänger im Amt hat in früheren Reden darauf hinge-wiesen, dass nicht unerheblich ist, wann im Jahr der Haushalt beschlossen wird. In den letzten Jahren reichte die Spanne von Dezember bis April. Der spätere Termin verlängert die vorläufige Haushaltsführung und führt dadurch zu einem gewissen Spareffekt. Der kann durchaus gewollt sein. Es gibt aber auch gute Argumente für die Dezembervariante. Ein weiterer Diskussionspunkt für die nächste Zeit, den ich hier ansprechen möchte.
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich mich an die Finanzverwaltung wenden. Ich möchte mich ausdrücklich für das große Engagement der ganzen Finanzverwaltung bedanken. Unter schwierigsten Rahmenbedingungen ist es gelungen, das diesjährige Haushaltsplanverfahren planmäßig durchzuführen und nachvollziehbare Unterlagen bereit zu stellen – wenn auch manchmal in letzter Sekunde. Was kommende Jahre angeht, bin ich zuversichtlich, dass das Zusammenspiel von Verwaltung und Politik mit wachsender Erfahrung noch sehr viel besser klappen wird. Wichtige Voraussetzung, um gemeinsam vertrauensvoll an den notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen zu arbeiten.
Meine Damen und Herren,
vergangenen Donnerstag hat der Finanzausschuss den HH-Entwurf 2022 mit 8 Ja-Stimmen bei 1 Enthaltung empfohlen. Im VA gestern wurde dem jetzt vorliegenden Stand sogar einstimmig zugestimmt. Ich wünsche nun der abschließenden Haushaltsberatung viel Erfolg.